Der Osiris-Mythos
Nur einer von vielen verschiedenen Mythen über Osiris, Isis und Horus ist der Osiris-Mythos, in dem Osiris von seinem Bruder Seth umgebracht wird. Sein Bruder Seth baute für Osiris eine Falle, einen schön verzierten Holzkasten mit den Abmessungen von Osiris. Bei einem Fest versprach Seth demjenigen den Kasten als Geschenk, der genau hineinpasst. Osiris war der letzte, der es probierte, und natürlich passte er genau, er war ja für ihn gemacht. 72 Mitverschwörer von Seth verschlossen den Sarg und warfen ihn in den Nil.
Isis erfuhr von der Hinterlist und suchte ihren Gemahl, der auch ihr Bruder war. Der Kasten war nach Byblos geschwommen und dort von einem Akazienbaum umwachsen worden. Dieser war gefällt und für ein Gebäude am Hof des Königs verwendet worden. Sie barg den Sarg, jedoch raubte ihn Seth sofort wieder, und, um sicher zu gehen, zerstückelte er die Leiche von Osiris und warf Einzelteile wiederum in den Nil. Isis suchte die Leichenteile, wobei ihr nach einer Version der Krokodilgott
Sobek half, und setzte sie mit der Hilfe des Totengottes
Anubis wieder zusammen. Auferstehung, Jahrtausende vor Jesus Christus! Mit der Magie ihrer Flügel hauchte Isis ihm wieder Leben ein, verwandelte sich in einen Milan und konnte in dieser Gestalt Horus empfangen. Osiris lebte jedoch nicht lange auf Erden, sondern wurde anschließend zum Herrscher über das Totenreich.
In einer viel späteren Version des Isis- und Osirismythos lag der wieder zusammengesetzte Osiris auf einer Löwenbahre und begattete Isis, die in Falkengestalt über ihm schwebte. Auch in dieser Version entstand aus dieser Vereinigung natürlich Horus. Um sich und Horus vor Seth, seinem Onkel, zu schützen, versteckte sich Isis auf der sagenumwobenen schwimmenden Insel Chemmis, brachte dort Horus zur Welt und zog ihn dort versteckt groß. Eine Vorläufer-Geschichte der Flucht Maria's mit dem Jesuskind nach Ägypten? Als Erwachsener rächte Horus allerdings seinen Vater Osiris und besiegte Seth. Diese Legende erzählen auch Herodot, Plutarch und der römische Schriftsteller Apuleius in leicht abgewandelter Form. Horus taucht in den Mythen unter verschiedenen Bezeichnungen auf, wie
Behdeti (in Edfu),
Harachte, und vielen anderen.
Auferstehung durch Zusammensetzen von toten Körperteilen
erinnert uns heute wohl vor allem an den Roman
Frankenstein 
von
Mary Shelley 
, veröffentlicht 1818. Sich dann als Auferstandener mit einer Göttin in Vogelgestalt zu paaren, müsste man vor dem Hintergrund der kirchlichen Verteufelung des Sex heute wohl als
abartige sexuelle Phantasien bezeichnen. Für uns schockierende mystische Überlieferungen, vor Jahrtausenden offenbar alltägliche Spiritualität. Obsessive Phantasie, welche die Menschen in Bann zieht, und die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt.